Verdener Familienforscher e.V.
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Der Deutsche Correspondent, 27.5.1885, Seite 3
Vermischtes aus der alten Welt.
Eine entsetzliche Blutthat wird aus Oberhausen, Württemberg, vom 11. Mai gemeldet. Der 38-jährige Korsettweber Bernhard Nill, ein bisher unbescholtener Mensch, doch manchmal verschlossen und arbeitsscheu, gerieth vor einigen Jahren in mißliche Verhältnisse, ging 1883 heimlich nach Amerika, ließ Frau und Kinder sitzen und kehrte voriges Jahr wieder hierher zurück. Seine Frau wurde wahnsinnig und ist als unheilbar in der Irrenanstalt Winnenthal bei Winnenden. Die Gemeinde Bodelshausen sorgte für die verlassenen Kinder in ausgiebiger Weise, wie auch für eine anständige Wohnung des Nill. In der Corsett-Weberei von M. Mair hier arbeitete Nill seitdem und verdiente so viel, als sein Haushalt kostete. Schon seit langer Zeit zeigte er sich streitsüchtig, namentlich seinen Schwiegereltern gegenüber, von welchen er noch Vermögen zu erwarten hoffte. So drohte er in letzter Zeit mehrmals, "es werde bald anders gehen" u.s.w.; ferner "er werde seine Leute noch alle umbringen." Am 10. Mai saß Nill in einer Bierwirthschaft bis 11 Uhr und fing mit dem gleichfalls anwesenden Gemeindepfleger und einem Gemeinderath Wortwechsel an, in welchem er die Beiden mehrfach in beleidigender Weise anschrie. Als ihm darauf zu verstehen gegeben wurde, daß er Ursache habe, still zu sein, da man ja für seine Kinder hinlänglich gesorgt habe, brauste er wüthend auf mit den Worten: "Ihr braucht für meine Kinder nicht mehr zu sorgen!" Er verließ das Wirthshaus und holte sein zehnjähriges Töchterchen Marie, die in einem dortigen Hause die Stelle eines Kindermädchens versah, spiegelte ihr vor, die Großmutter sei krank, und schleppte sie von hier auf den Weg nach dem benachbarten Flecken Oberhausen. Einige Hundert Schritte von dort tödtete das Scheusal sein Kind, schleppte den Leichnam nach Hause, zerhieb dort seiner alten, 72-jährigen Mutter den Schädel, dann spaltete er mit einer scharfen Axt die Köpfe seiner übrigen vier Kinder (8, 7, 5 und 2 Jahre alt), warf die Leichname sämmtlich auf ein Bett und zündete dies an. In Folge des kolossalen Blut- und Gehirn-Ergießungen mag das Feuer nur geglimmt haben. Jetzt ging der Unmensch, mit Revolver, Dolch und der Mordaxt bewaffnet, nach dem Hause seiner Schwiegereltern, schlug dort sämmtliche Thüren ein und hieb mit aller Kraft auf die Betten der alten Leute ein, doch entkamen dieselben durch eine Hinterthür. Der Lärm weckte den auf der Bühne schlafenden Sohn. Diesem gelang es, den Mörder zu fassen und ihn zu Fall zu bringen. Lange rangen die Männer miteinander; endlich konnte sich der Mörder frei machen und entkam. Er versuchte nunmehr auch in das Haus seines Schwagers einzubrechen; aber hierbei wurde er, wie es scheint, gestört. Mittlerweile drangen der hier stationirte Gensdarm und einige Bürger, die durch den Vorfall im Hause des Schwiegervaters alarmirt wurden, in das Haus des Mörders, in dem es bereits zu brennen begann. Welch entsetzlicher Anblick bot sich ihnen! Der Mörder aber entkam im Dunkel der Nacht. Am nächsten Tage wurde er entleibt aufgefunden.
 
 
Fundort: Baltimore
Quelle: Der Deutsche Correspondent, 27.5.1885, Seite 3
Einsteller: Rainer Doerry  Mail

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