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Der Deutsche Correspondent, 9.4.1880, Seite 2
+ Der letzte Lützower.
Vor einigen Wochen ging die Nachricht durch die Presse, daß der "letzte Lützower" irgendwo gestorben sei; wir bestritten Das, weil wir noch einen dieser Veteranen am Leben wußten. Dieser ist aber jetzt ebenfalls heimgegangen: Dr. M. G. Pfeiffer, der Freund und Waffengefährte Theodor Körner. s, der den sterbenden Dichter aus dem Gefechte trug, starb letzten Montag in dem hohen Alter von 88 Jahren in New-Oxford, Penns., wo er 58 Jahre lang gelebt und gewirkt hat. Dr. Pfeiffer wurde in Ost-Friesland geboren, studirte in Göttingen und Jena Medizin und trat, kaum 21 Jahre alt, in Lützow. s Freicorps ein, in welchem er Deutschland von der Fremdherrschaft säubern half.
Er machte zahlreiche Gefechte und Schlachten der Befreiungskriege mit, aber von keiner Affaire erzählte er lieber, als von dem Treffen bei Gadebusch am 26. August 1813, in welchem Körner fiel. Dr. Pfeiffer sah, wie viele Andere, daß Deutschland von einem großen Tyrannen befreit worden war, um im Vertrage von Wien einem Schock meist recht kleiner und verächtlicher ausgeliefert zu werden; er konnte unter Metternich. s Reaktions-Periode nicht leben, und in demselben Jahre, in welchem die Burschenschafter auf der Wartburg gegen diese Reaktion protestirten, wanderte er nach Amerika aus, er kam im Herbste 1818 in Baltimore an. Nachdem er sich ein halbes Jahr hier aufgehalten, zog er nach Manchester, Carroll County, wo er zwei oder drei Jahre lang wohnte und sich mit einer Deutschen, Frl. Bolz, verheirathete. Im Jahre 1822 zog er nach New-Oxford, wo er als Arzt praktizirte und zu Anfang der vierziger Jahre eine Lehranstalt gründete, welche in den ersten Jahren des Bürgerkrieges einging.
Dr. Pfeiffer war in seinem Adoptivvaterlande ein ebenso eifriger Patriot, als in Deutschland; zwei seiner Söhne, musterhafte junge Männer, fielen im Bürgerkriege, der eine bei Cold-Harbor, der andere bei Alexandria.
Seit dem Kriege privatisirte der alte Herr, höchtens daß er seine ärztliche Praxis noch weiter führte. Im Jahre 1863 war er die Hauptperson der großen Todtenfeier für Theod. Körner, welche der "Soz.-Dem.-Turnverein" hier veranstaltete; 1871 nahm er an der Friedensfeier der Deutschen Baltimore. s Theil. Im Frühjahr 1872 reiste er nach Deutschland, wo er zwei Jahre lang blieb. Der rüstige Achtziger machte drüben noch weite Ausflüge. Nach seiner Rückkehr begann er zu kränkeln, und nachdem im vorigen Jahre seine treue Lebensgefährtin im hohen Alter von 80 Jahren gestorben war, ging es mit seiner Auflösung rasch. Für Ereignisse neuerer Zeit hatte er vollständig das Gedächtnis verloren, dasselbe war aber merkwürdig frisch, sobald man auf die Befreiungskriege, die Administrationen von Adams, Jackson und Van Buren zu sprechen kam. Vier Kinder standen an seinem Grabe, der älteste Sohn ist Departments-Clerc in Washington, der andere ist Lehrer. Seine Töchter sind verheirathet. Die zahlreichen Baltimorer Freunde des Verstorbenen waren im Leichengefolge nur durch Prof. B. Scheer, einem früheren Collegen des Alten an seinem Institute, vertreten.
[Dr. Michael Diedrich Gotlob Pfeiffer, * 28. Sept. 1791 Ost-Friesland, + 5. Apr, 1880, New Oxford, Adams County, Penns.] |
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Fundort: Baltimore |
Quelle: Der Deutsche Correspondent, 9.4.1880 |
Einsteller: Rainer Doerry 
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