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Carl Feldmann

von Bärbel Ebeling
(2020-2023)

Carl Rudolph Gustav Feldmann wurde am 8. November 1841 als Sohn des Fabrikanten Johann Heinrich Peter Feldmann und seiner Ehefrau Elise Charlotte Mahncke in Verden geboren.

Geburtsanzeige
Verdener Wochenblatt vom 13.11.1841
(Quelle: Stadtarchiv Verden B VII 5,8)

Am 5. Dezember 1841 wurde er im Dom zu Verden getauft. Seine Paten waren Georg Carl Ohlerking, Gustav Mahnke und Rudolph Feldtmann.

Die Familie Feldmann

Carls Vater, Johann Heinrich Peter Feldmann, kam am 17. Juni 1811 in Visselhövede als Sohn des Schäfers Johann Diedrich Wilhelm Feldmann und seiner Ehefrau Anna, geb. Röhrs, zur Welt und wurde am 20. Juni 1811 in Visselhövede getauft. Seine Vorfahren der Familie Feldmann lassen sich über mehrere Generationen um Visselhövede nachweisen. Johann Heinrich Peter Feldmann erhielt 1840 in Verden Bürgerrecht. Er wurde als Wollfabrikant aus Visselhövede bezeichnet und war zu diesem Zeitpunkt 29 Jahre alt.

Carls Mutter, Elise Charlotte Mahncke (auch Mahnecke), wurde am 5. Januar 1813 als Tochter des Verdener Bürgers und Gastwirts Cord Mahncke geboren und am 10. Januar 1813 in der St. Johanniskirche in Verden getauft. Ihr Vater betrieb eine Schenkwirtschaft an der Ecke Zollstraße / Ostertorstraße (heute das griechische Restaurant „Hellas“). Das Gebäude lag am äußersten Stadtrand von Verden.

Am 29. Oktober 1839 fand die Trauung von Carls Eltern in der St. Johanniskirche in Verden statt.

Carl Feldmann wurde 9 Monate nach dem Tod seines älteren Bruders geboren. Dieser war gerade mal 1 Jahr alt geworden. Nach Carl wurden noch ein Bruder und fünf Schwestern geboren.

Am 13.11.1856 starb Carls Mutter mit knapp 44 Jahren.

Als sein Vater am 16.2.1859 eine 2. Ehe mit der Witwe Wilhelmine Sophia Dorothea Gebhard einging, war Carl schon in Amerika.

Die Familie lebte am Holzmarkt und damit außerhalb der Stadtgrenze. So wie hier gab es rund um Verden einzelne Ansiedlungen, die unter dem Begriff „Vor-Verden“ zusammengefasst wurden.

Carls Vater hatte sich 1840 dort einen Garten gekauft und darin ein Haus gebaut. Es entstand eine „Fabrik von allen besten Baumwollwaaren“, die er „en gros“ und „en detail“ verkaufte. Da er nicht zu Unrecht mit Schwierigkeiten durch den Magistrat rechnete, beantragte er eine Konzession beim Amt, welche er auch erhielt. Auf diese Weise war er mit seiner Fabrik in unmittelbarer Nähe zur Stadt, unterlag aber nicht den Zunftbestimmungen und konnte seine Preise entsprechend günstiger kalkulieren. Diesen Schachzug wollte weder das Krameramt noch der Magistrat hinnehmen und so gibt es heute im Stadtarchiv ein umfangreiches Aktenbündel mit dem Schriftverkehr, in dem es um nicht gezahlte Abgaben auf der einen und nicht nutzbare Vorteile wie Beleuchtung und Nachtwächter auf der anderen Seite ging. 1849 wurde Feldmann dann auferlegt, das „Nahrungsgeld“ künftig zu zahlen oder „seine vermeintliche Befugnis zur konzessionsfreien Betreibung seines Gewerbes auf gesetzlichem Wege zur Geltung zu bringen“.
Lt. "Deutsches Wörterbuch von Jacob und Wilhelm Grimm" handelte es sich bei "Nahrungsgeld" um eine Abgabe für die Ausübung eines Gewerbes, Gewerbsteuer.

Im "Adreß= und Geschäftshandbuch für Verden 1880" findet sich Ida Josephs als Geschäftsführerin der Firma H. Feldtmann Nachfolger am Holzmarkt 2.

Carls Auswanderung

In den 1840er Jahren gab es eine große Auswandererwelle. 1847 bildete darin den ersten Höhepunkt mit 80.000 Auswanderern. Zum Vergleich: In den 20ern und 30ern wanderten zwischen 3.000 und 5.000 Personen aus. Die Auswanderung selbst nahm organisierte Formen an. Das geschah zunächst durch Auswanderungsvereine und zunehmend auch durch kommerziell orientierte Agenten, die nicht selten mit zweifelhaften Methoden arbeiteten und ihre Klientel betrogen.

War es die damals herrschende wirtschaftliche Not? War es Abenteuerlust? Der Grund für Carls Wunsch, nach Amerika auszuwandern, bleibt offen. Fest steht, dass er schon in sehr jungen Jahren darüber nachdachte und im Alter von 15 Jahren Taten folgen ließ.

Anders als heute galten die Kinder damals nach der Konfirmation schon als erwachsen. Die Schulpflicht war damit beendet, wenn sie nicht noch eine höhere Schule besuchten. Sie gingen arbeiten oder erlernten einen Beruf.

Gegen den ausdrücklichen Willen seiner Familie und seiner Freunde machte sich Carl Feldmann Anfang 1857 auf in eine, wie er sicher hoffte, bessere Zukunft. 4 Monate nach dem Tod seiner Mutter verließ Carl Feldmann seine Heimat. Mittellos und allein gelang es ihm, ein Schiff zu finden, auf dem er als Kabinenjunge anheuern konnte, um sich die Überfahrt zu verdienen. Er startete seine große Reise an Bord der „Auguste“.

Wie seine Überfahrt verlief, ist nicht überliefert. Eine bequeme Erholungsreise war es sicher nicht, aber er kam an seinem Ziel an: Amerika – New York.
Carl, der nie zuvor auf einem Schiff gewesen war, erlebte die Reise vermutlich als großes Abenteuer. Um es vorweg zu nehmen: Es muss ihm gefallen haben, denn er machte in späteren Jahren viele Schiffsreisen, sehr oft nach Europa.

Der Start in ein neues Leben

Unwillkürlich stellt man sich die Frage, wie er sich in dem Moment der Ankunft gefühlt haben mag. Zwar hatte er wieder festen Boden unter den Füßen, aber zum ersten Mal war er von zu Hause fort, und zwar so weit, dass eine kurzfristige Rückkehr nicht in Frage gekommen wäre. Er kannte niemanden, zu dem er gehen und sich helfen lassen konnte. Dazu konnte er die Sprache nicht, Geld hatte er vermutlich auch keins und es war noch kaltes Winterwetter.

Was er hingegen besaß, war der Wille, sich in Amerika ein eigenes Leben aufzubauen. So fing er gleich an, sich eine Arbeit zu suchen. Das war sehr schwer und er schaffte es kaum, sich mit Gelegenheitsjob das Lebensnotwendige auf den New Yorker Straßen zu verdienen. Nicht nur in Deutschland, auch in Amerika litten viele Menschen große Not. Carl Feldmann kämpfte rund 2 Jahre ums Überleben und hatte manchmal nicht nur wenig, sondern gar nichts zu essen.

Erst im Frühjahr 1858 bekam er seine erste offizielle Anstellung, vorgeblich als Arbeiter auf einem Kohlenhof im Osten von New York. Tatsächlich arbeitete er für jemanden, dem sowohl ein kleiner Bauernhof als auch ein Lebensmittelgeschäft gehörte. Seine Arbeitszeit war von 4 Uhr morgens bis 22 Uhr. Sein Lohn betrug $3 pro Monat und dazu bekam er Verpflegung. Hatte die Vielfalt der Aufgaben zunächst noch seinen Reiz für ihn, brachten ihn die lange Arbeitszeit, die harte Arbeit und der geringe Lohn dazu, sich nach einer anderen Erwerbsmöglichkeit umzusehen.

Er fand eine Anstellung in einer Bäckerei, in der er tagsüber Waren auslieferte und nachts in der Backstube half. Nach einem Unfall und dazu einem Behandlungsfehler konnte er etwa acht Monate lang seinen rechten Arm nicht benutzen. In dieser Zeit schmolzen seine bescheidenen Ersparnisse. Aber er ließ sich nicht entmutigen und war bereit zu arbeiten. Carl erhielt eine Stelle als Lehrling in einer anderen Bäckerei, wo er ungefähr zwei Jahre blieb. Endlich hatte er genug gespart, um sich als Bäcker selbstständig machen zu können.

Als es in Amerika zum Bürgerkrieg kam (1861 - 1865), drohte auch Carl Feldmann eingezogen zu werden. Da er aber eine Bäckerei besaß und diese weitergeführt werden sollte, blieb ihm ein Soldatenschicksal erspart – er wurde vom Militärdienst frei gestellt.

Am 28.10.1864 wurde er in New York als Charles Feltman eingebürgert.

Sein Handel florierte, bis er durch einen Straßenumbau gezwungen war, die Gegend zu verlassen. Er ging zurück nach Brooklyn, wo er ein schönes Backsteinhaus baute, das lange in Familienbesitz blieb. Als mit dem Bau begonnen wurde, war noch keine Straße vorgesehen und die Leute lachten über ihn, dass er auf freiem Feld ein derartiges Haus baute. Aber seine Intuition hatte ihn nicht getrogen und er hatte die Entwicklung dieses Gebiets richtig vorausgesehen. Wieder startete er mit einer Bäckerei und kontrollierte bald einen großen Teil des Handels auf Coney Island. Er schob einen Handkarren durch die Sanddünen, um den dortigen Bewohnern und Badegästen seine Waren wie Brot, Gebäck und Eis zu verkaufen.

Der Hot Dog

1867 hatte Charles Feltman die Idee, einen herzhaften und warmen Snack anzubieten, den man aus der Hand essen konnte und daher weder Teller noch Besteck brauchte. Frankfurter Würstchen kannte er von zu Hause. Diese wärmte er auf und steckte sie in spezielle lange weiche Brötchen. Verzehrt wurden sie mit Röstzwiebeln, Sauerkraut und Senf. Tatsächlich soll erstmalig in Frankfurt ein Metzger Brötchen mit einem Würstchen darin verkauft haben. Charles Feltman war derjenige, dem nachgesagt wird, dass er es war, der sie erstmalig in Amerika anbot und bekannt machte. Er nannte seine Speise zunächst „Frankfurter“, später dann auch „red hot“ aufgrund der Farbe der Wurst. Der „Hot Dog“ wurde schnell populär und trat seinen Siegeszug in Amerika an, der sogar weltweit anhält. Statistisch verzehrt heutzutage jeder Amerikaner 70 Hot Dogs pro Jahr. Der 50. Geburtstag des Hot Dog wurde auf Coney Island groß gefeiert.

Dem Namen „Hot Dog“ soll folgende Geschichte zu Grunde liegen:
Viele Deutsche brachten bei ihrer Einwanderung in die USA ihren Hund mit, mehrheitlich Dackel, die scherzhaft als „wurstförmige Hunde“ bezeichnet wurden. Der Name „Hot Dog“ setzte sich in weiten Bereichen durch, aber in den USA ist letztlich bis heute mehrheitlich die Bezeichnung „Frankfurter“ geblieben.

Wenn wir sagen, etwas verkauft sich „wie geschnitten Brot“, sagt man in den USA, etwas verkauft sich „wie ein Hot Dog“.

Traditionelle Bestandteile sind nach wie vor das Brötchen und das Würstchen, weitere Zutaten werden in vielen Geschmacksrichtungen angeboten. Mittlerweile gibt es regionale Spezialitäten, aber auch vegane und viele weitere kreative Varianten.

Diskret verschwiegen werden soll an dieser Stelle, dass es in Amerika weitere Legenden um andere Erfinder des Hot Dog gibt. Aber Charles Feltman ist bis heute der bekannteste Name in diesem Zusammenhang und der Hot Dog hat ganz erheblich zu seinem wirtschaftlichen Aufstieg beigetragen.

Auch heute noch ist der Hot Dog Kult. Am Mittwoch der 3. vollen Woche im Juli findet jedes Jahr der „Hot-Dog-Tag“ statt. Er geht auf das im Jahr 1994 vom American Meat Institute gegründete National Hot Dog and Sausage Council (NHDSC) – ja, so etwas gibt es wirklich – zurück. Die erste Feierlichkeit dieses Anlasses war allerdings bereits im Jahr 1991 und hat ihre Wurzeln in dem alljährlichen Hot Dog-Essen am Washingtoner Capitol Hill. An dem gesellschaftlichen Großereignis und Wohltätigkeitsveranstaltung nehmen seit seiner Gründung jedes Jahr über 1000 Regierungsbeamte, Richter, Abgeordnete und Mitarbeiter der verschiedenen staatlichen Einrichtungen der US-amerikanischen Hauptstadt teil.

Ein besonderer „Sport“ findet in Amerika mit dem Internationalen Hot-Dog-Wettessen viel Aufmerksamkeit. Es wird seit 1916 jedes Jahr am amerikanischen Nationalfeiertag (4. Juli) in Coney Island (New York) ausgetragen. Organisator der Veranstaltung ist die International Federation of Competitive Eating (IOFCE). Den Sieg erringt die Person, die innerhalb von zehn Minuten die meisten Hot Dogs essen kann. 2020 kletterte der Rekord auf sage und schreibe 75 Hot Dogs (und damit 22.000 Kalorien!) in 10 Minuten. Bei den Damen waren es 47 Hot Dogs, die zum Sieg führten. Das Preisgeld betrug 10.000 $. Der Gewinner des 1. Wettbewerbs schaffte 1916 im Vergleich dazu 13 Hot Dogs in damals noch 12 Minuten.

2019 gab es einen Rekordversuch: 152 Jahre nach der Einführung durch Charles Feltman starteten die Geschäftsnachfolger (die Familie Feltman war nicht mehr beteiligt) einen Versuch, den offiziellen Guinness-Weltrekord für den größten Hot Dog aufzustellen. Der rekordverdächtige „Snack“ wurde während eines Grillfestes in der Innenstadt von New York auf einem sechs Fuß hohen Grill angefeuert, bevor er gewogen und vermessen wurde, um sicherzugehen, dass er diesen Titel auch verdient. Am Ende war der riesige Fleischklotz - der zwar von Feltman's serviert wurde, aber in Wirklichkeit von Union Pork Store in New Jersey hergestellt wurde - drei Meter lang, einen Meter breit und 66 Pfund schwer. Offiziell hielt bisher noch niemand den Rekord für den "Größten Hot Dog". Diese Aktion war nicht nur ein Spaß, sondern diente auch einem guten Zweck. Die Scheiben des überdimensionalen Hot Dog wurden gegen eine Spende von 10 Dollar verkauft. Der Erlös ging an das Headstrong Project, eine gemeinnützige Organisation, die kostenlose psychologische Betreuung für Veteranen nach dem 11. September anbietet. Die wiederbelebte Marke Feltman’s ist im Besitz von zwei Brüdern, beides Veteranen. Ein weiterer Bruder kam bei den Anschlägen auf das World Trade Center ums Leben.

Der unaufhaltsame Aufstieg

Als Charles Feltman zum ersten Mal nach Coney Island kam, war es eine Insel und mehr als ¾ der Fläche eine karge, sandige und windige Region. Der Atlantik zeigte sich mit ungezügelter Gewalt. Es gab ein zwielichtiges Vergnügungsviertel und am äußersten westlichen Ende lebten einige wenige Muschelfischer, ungehobelte Typen, sowie Kartenspieler, die „Coney-Fänger“ genannt wurden. Heute würde man diese Kartenspieler als Trickbetrüger bezeichnen. In der Nähe von Gunthers Depot, der einzigen Eisenbahn, die nach Coney Island fuhr, mietet Charles Feltman eine Hütte für ein Jahr zu einem stolzen Mietpreis von $500. Zusätzlich baute er eine Schutzhütte. Mit dem Einrichten einer Bar und einer Mittagstheke begann er seine Karriere auf Coney Island. Bis dahin wurden für flüssige und feste Nahrung sehr hohe Preise verlangt. Charles Feltman begann Mittagessen und gebratene Venusmuscheln, aber auch Eis und Getränke, zu extrem niedrigen Preisen zu verkaufen. Die Saison verlief außerordentlich erfolgreich für ihn und seinen Geschäftspartner. Der Nettogewinn betrug $3.000.

Charles Feltmans Vermieter, der zunächst meinte ein gutes Geschäft gemacht zu haben, erfuhr von dem Erfolg und erhöhte die Miete drastisch. Dabei übertrieb er es so, dass Charles Feltman ablehnte und nach Brooklyn zurückkehrte. Letztlich fand er doch noch ein passendes Objekt auf Coney Island und kam zurück.

Mit der Sicherheit eines langfristigen Pachtvertrages schmiedete Charles Feltman Pläne für ein neues Gebäude mit zwei Stockwerken und einem Seitenflügel. Die Ausstattung sollte umfassender sein als alles, was es bisher auf der Insel gab. Dieses teilte er auch dem Präsidenten der Dampfeisenbahn, C. Godfrey Gunther, mit und versuchte ihn zu überzeugen, die Züge auch noch bis später in den Abend fahren zu lassen. Bis dahin fuhr der letzte Zug um 19.15 Uhr. Charles Feltman wollte erreichen, dass die Geschäftsleute auch noch nach der Arbeit auf die Insel kommen konnten. Dieser Vorschlag war der Keim des großen Ressorts, das über viele Jahre täglich Erholung und Unterhaltung für Hunderttausende brachte und den ansässigen Betreibern, wie Feltman, reichlich Umsatz bescherte. Allerdings dauerte es bis zur Umsetzung seiner Vision, denn sein Vorschlag kam bei dem Besitzer von Gunther’s Railroad nicht gut an. Nach weiteren Absagen erhielt er endlich von A.R. Culver die Zusage, dass dessen neu geplante Linie entsprechend länger verkehren würde.

Auch wenn ein preiswerter Snack seinen Erfolg begründet hatte, weitete er zwar den Verkauf der Hot Dogs weiter aus, aber Charles Feltman setzte stärker darauf, eine wohlhabende Kundschaft anzuziehen. Er begann mit dem Bau seines „Ocean-Pavillons“ für $20,000 und nannte ihn „Feltman’s“. Das Restaurant verkaufte bald jährlich Millionen von 10-Cent-Hot Dogs, war jedoch in erster Linie bekannt für seine gehobenen Abendessen am Ufer, z.B. einen Meeresfrüchteteller mit Hummer, Fisch und Austern. Letztlich waren es gutsituierte Geschäftsleute, die den Ocean-Pavillon besuchten.

Der Pavillon war der Beginn einer großen Anlage, die Anfang des 20. Jahrhunderts einen ganzen Stadtblock umfasste und aus neun Restaurants, einer Achterbahn, einem Karussell, einem Ballsaal, einem Freiluftkino, einem Hotel, einem Biergarten, einem Badehaus, einem Tiroler Dorf, zwei riesigen Bars und einem Ahorngarten bestand. In den 1920er Jahren betreute der Feltman's Ocean Pavillon fünf Millionen Kunden pro Jahr und wurde als das weltgrößte Restaurant angesehen.

Zusätzlich begann er mit der Planung eines Unterhaltungsprogramms. Er engagierte die Seventy-first Regiment Band und führte damit die erste Bandmusik auf der Insel ein. Auch wenn er sich über das von ihm eingegangene Risiko Sorgen machte – die erste Saison wurde für den „Ocean-Pavillion“ ein voller Erfolg. In den folgenden Jahren führte er, wieder als erster, erfolgreich Gesangsdarbietungen ein. Da andere seinem Beispiel folgten, wurden fortan Instrumental- und Vokalmusik zu einem Markenzeichen von Coney Island.

Er legte in den Sanddünen von Coney Island einen Sommergarten an, in dem 300 immergrüne Bäume in Kübeln standen und bot eine große Auswahl an Unterhaltungsmöglichkeiten. Im Herbst 1879 stellte Charles Feltman hier seinen Gästen die berühmten „Tiroler Jodler“ vor. Damit bewies er einmal mehr, dass er ein gutes Gespür hatte, was bei seinen Gästen ankommt. Seine Ideen waren innovativ und unerschöpflich. Dabei war er seiner Zeit oft voraus.

Schon während seiner zweiten Saison begann er mit der Veranstaltung von Lodge-Festivals Maßstäbe zu setzen. Das stetige Wachstum und die Popularität dieser Vergnügungen führen dazu, dass er von zunächst zwei Angeboten pro Saison diese bald bis zu 37 Mal durchführte. Die Zahl der Gäste steigerte sich von 3.000 auf bis zu 10.000. Die solide Durchführung und die gute Organisation, die bei diesen Partys zu beobachten waren, machen den „Ocean Pavillon“ zum berühmtesten Ressort an der Atlantikküste. Auch der Saisonbeginn und das Saisonende auf Coney Island waren stets große gesellschaftliche Ereignisse.

Durch harte Arbeit und Ausdauer überwand er viele Probleme. Er setzte seinen ganzen Einfallsreichtum daran, immer wieder neue unterhaltsame Elemente hinzuzufügen. Da er regelmäßig nach Europa reiste, brachte er von dort Ideen und Künstler mit nach Coney Island, zum Beispiel den Berliner Magier Professor Seemann. Später importierte er mit großem Aufwand ein Karussell aus Deutschland.

Jedes Jahr vergrößerte er seinen Pavillon, bis er zu einem Komplex der Superlative wurde. Er enthielt den größten Ballsaal der Welt. Die Wände waren mit geschmackvollen und kunstvollen Wandtafeln bedeckt, die verziert waren mit allegorischen Figuren, deutschen Landschaftsszenen und Darstellungen aus den Jahreszeiten, alle hergestellt von meisterlicher Hand.

Erstmals 1882 gab es bei Feltman’s elektrisches Licht und nicht nur das: Charles Feltman investierte sofort in eine eigenständige Technik. Wenn der Ballsaal nachts von elf elektrischen Leuchtern erhellt wurde, stellte es neben 400 Gaslichtern ein wunderschönes Märchenland dar. Dieser prächtige Raum, drei Stockwerke hoch, bot ausreichend Platz für mehr als 2.000 Tänzer. Zu der Raumkonstruktion gehörte ein Dach, das von siebzehn Eisenträgern gehalten wurde. Es war ursprünglich für ein Theater gedacht, dessen Balkone vom Dach abgehängt werden sollten. So entstand eine große freie Fläche ohne störende Säulen.

Sollte Charles Feltman mehr Hotelzimmer brauchen, hätte er die 3. Etage abhängen lassen und dort entsprechende Räume einrichten lassen können, ohne dass der Ballsaal beeinträchtigt gewesen wäre. Weiter hatte das Gebäude zwei Seitenflügel und es gab einen großen Platz auf dem 5.000 Personen bequem sitzen konnten. Die gesamte Anlage bot Raum für 20.000 Menschen. Ein Flügel des Gebäudes wurde nachträglich um eine Etage mit 118 Zimmern aufgestockt. Diese Zimmer wurden sehr hochwertig eingerichtet mit Marmorwaschbecken, feinen Teppichböden und Möbeln.

Charles Feltman hatte mehr geschafft, als er sich in seinen kühnsten Träumen ausgemalt hatte. Er galt als umgänglich, energisch, offen und aufgeschlossen. Er war mittelgroß und gut proportioniert Seine Maxime war „Einmal ein Freund, immer ein Freund“. Wichtig für seinen geschäftlichen Erfolg war, dass er Chancen erkannte, schnell nutzte und dabei auch kalkulierbare Risiken einging. Die Wertschätzung, die er schon zu Lebzeiten erfuhr, setzte sich lange nach seinem Tod fort. Selbst wenn über seine Großkinder etwas in der Zeitung stand, gab es immer wieder einen Hinweis auf ihn, Charles Feltman, den „Pionier von Coney Island“.

Mit großem Stolz verwies er auf seinen Garten, der aus Bäumen und Sträuchern bestand und die einzige Vegetation auf Coney Island darstellte.

Vertrauen war für ihn so wesentlich, dass er darüber ein Buch geschrieben hat: „The Thin Book of Trust“ (Das kleine Buch über Vertrauen). Der Untertitel lautet: „Eine wesentliche Grundlage für den Aufbau von Vertrauen bei der Arbeit“. In einem Begleittext dazu heißt es:
„Dieses ist ein kleines Buch über ein sehr wichtiges Thema. Es wurde viel über Vertrauen geschrieben: darüber, was es ist und was es für Menschen, Familien, Unternehmen, Gemeinschaften und Länder tun kann. Gute Arbeit wird oft durch zwischenmenschliche Konflikte, politische Auseinandersetzungen, Lähmungen, Stagnation, Apathie oder Zynismus sabotiert. Fast immer kann man diese Probleme auf einen Vertrauensverlust zurückführen. Es tötet nicht nur gute Arbeit, es erzeugt auch unweigerlich ein gewisses Maß an Elend, Ärger, Angst, Wut, Frustration, Ressentiments und Resignation. Im Gegensatz dazu kann man in erfolgreichen Unternehmen, in denen Menschen innovativ sind, sich auf produktive Konflikte und Debatten über Ideen einlassen und Spaß an der Zusammenarbeit haben, starke vertrauensvolle Beziehungen finden. Das Vertrauen derer zu haben, mit denen Sie zusammenarbeiten, ist zu wichtig, um nicht gezwungen zu sein, es aufzubauen und zu warten. In diesem Buch lernen Sie, wie Sie starke vertrauensvolle Beziehungen zu anderen aufbauen und aufrechterhalten und das Vertrauen wieder herstellen, wenn es kaputt gegangen ist, indem Sie absichtlich und konsequent in Ihrer Sprache und Ihren Handlungen vorgehen. Wenn Sie eine vertrauenswürdige Sprache und ein vertrauenswürdiges Verhalten verstehen und konsequent demonstrieren, können Sie das Vertrauen der Menschen, mit denen Sie arbeiten, verdienen und bewahren.“
War das Charles Feltmans Erfolgsgeheimnis?

Im Laufe der Jahre war der Name Feltman den meisten New Yorkern ein Begriff, insbesondere den Einwohnern von Brooklyn, und er wurde zum Synonym für das schnelle Wachstum und die Entwicklung von Coney Island.

Seine Familie

Auch privat hatte Charles Feltman sein Glück mit Johanna Köster gefunden. Sie stammte aus Loxstedt und war das 5. Kind von 11 Geschwistern. Ihr Vater war der Köthner Caspar Jürgen Köster und ihre Mutter Anna Wrede. Auch die Eltern waren gebürtig aus Loxstedt, haben dort geheiratet und gelebt.

Loxstedt
Elternhaus von Johanna Köster im Jahre 1946
(Quelle: Familie Feltman)

Neben Johanna, die 1867 auswanderte, zog es auch drei ihrer Brüder (Caspar Jürgen, Lüder und Johann) und eine Schwester (Marie Friederike) nach Amerika.

Im Jahre 1869 bekamen Charles und Johanna eine Tochter, Mildred D., genannt Minnie. In den Jahren 1871, 1881 und 1884 folgten drei Söhne, Charles L., Alfred und Herbert. Der jüngste Sohn starb mit nur 7 Jahren an einer Lungenentzündung.

Im Gesellschaftsteil der Zeitungen finden sich immer wieder kleinere und größere Berichte über ihn und seine Familie. Nicht nur Familiennachrichten erschienen, sondern auch Mitteilungen, wann wer aus der Familie Feltman wohin reiste und wie lange sie unterwegs sein würden (oft mehrere Monate). Auch über die Rückkehr wurde in den Zeitungen berichtet. Dazu gab es Hinweise auf Wohltätigkeitsveranstaltungen, oder Feierlichkeiten, an denen Familienmitglieder teilnahmen. Ganze Gästelisten wurden veröffentlicht, ebenso detailreiche Beschreibungen der Garderobe und des Schmucks der Damen.

Eine Ära endet

Einen Tag vor seinem Tod fand sich ein Artikel mit einem Foto von Charles Feltman in den Zeitungen, der darüber berichtete, dass der Besitzer des „Feltman’s“ auf Coney Island zur Kur in Kassel weile und jetzt dort ernsthaft erkrankt sei. Seit ein paar Wochen wurde bereits über eine Erkrankung berichtet, aber nun wurde sein Zustand lebensbedrohend. Sein ältester Sohn Charles L. hatte bereits die Überfahrt gebucht, um zu seinem Vater zu reisen. Sein Bruder Alfred sollte in dieser Zeit die Geschäfte allein weiterführen. Die Zeitung berichtete darüber, dass der Senior seit mehreren Jahren nicht mehr in bester gesundheitlicher Verfassung sei. Daher haben seine Söhne ihn bereits geschäftlich entlastet. Im Frühjahr ging er ins Ausland, obwohl sein Allgemeinzustand nicht der beste war. Er litt an einem hartnäckigen Blasenleiden und musste sich in Kassel einer gefährlichen Operation unterziehen.

Charles L. sollte seinen Vater nicht mehr lebend antreffen. Als er am 20. September 1910 an Bord der „Cecelia“ ging, war bereits ein Telegramm an die Familie unterwegs, dass Charles Feltman an den Folgen der Operation gestorben sei.

Am Abend des 11. Oktobers fand der Trauergottesdienst im Hause Feltman statt und die zahlreichen Freunde zeigten die Wertschätzung, die sie ihm entgegenbrachten. Es waren hauptsächlich ehemalige Geschäftspartner von Coney Island und Freunde aus früheren Tagen, sowie Freunde seiner Söhne Charles L. und Alfred. Der Gottesdienst wurde geleitet von Pfarrer Emil Roth, dem Pastor der St John St Metthew Emmanuel Lutheran Church, der Feltmans angehörten.

Kirche
St John St Matthew Emanuel Lutheran Church (aus dem Jahr 1917)
deren Mitglied die Familie Feltman war

Quelle: St John St Matthew Emanul Lutheran Church

Der Pastor sagte in der Trauerfeier, er sei bewegt von den hohen Idealen des Verstorbenen und dessen Sinn, Geld mit Unterhaltung auf hohem Niveau zu verdienen, dem höchsten Gut auf Coney Island. Damit gäbe Charles Feltman vielen ein Beispiel, dem diese auch folgten – ebenso wie seine eigenen Söhne dem Beispiel ihres Vaters folgten. In seinem Nachruf brachte der Pastor die Liebe von Charles Feltman zu seiner Familie zum Ausdruck, die für ihn immer das Wichtigste war. Seine Frau hat ihn immer unterstützt und ihm geholfen. Charles Feltman war sehr gläubig und hatte die Kirche immer wieder unterstützt.

Die Bestattung fand am nächsten Morgen im Kreis der Familie und enger Freunde auf dem Greenwood Cemetery statt.

Charles Feltman wurde dort in einem großen Mausoleum beigesetzt. Die Spitze der Kuppel trägt eine Statue des Erzengels Michael mit einem Schwert in der Hand.

Mausoleum
Das Feltman Memorial auf dem Greenwood Cemetery in Brooklyn
(Quelle: gravelyspeaking.com)

Charles Witwe, Johanna, starb am 12.10.1920 im Hause ihres Sohnes Charles L. Sie war in ihrem Haus gefallen und hatte sich ihren Hüftknochen gebrochen. Auch sie wurde in dem Mausoleum auf dem Greenwood Cemetery beigesetzt.

Mausoleum_Eingang Plakette

Eingang des Mausoleums und die am Mausoleum angebrachte Plakette



Diese Arbeit wurde zunächst im Jahrbuch für den Landkreis Verden 2022 veröffentlicht.



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